Hintersteiner Tal

Wildfängl

Die Wildfängl im Hintersteiner Tal.

Vor uralten Zeiten hausten noch in den Schrofen und auf den Berggehängen des Hintersteinertales Wildfängl; die waren ganz haarig am Leibe und rauhen und feindlichen Sinnes gegen die Talbewohner. Sie brachten diese allweg zu Schaden, stellten ihnen oft nach, ja bedrohten sogar oft ihr Leben.

 

Da trug es sich einmal zu, daß einige Hintersteiner am Erzberg, wo tief unten im wilden Tobel der Erzbach fließt, Holz spalteten. Während sie im Begriffe waren, einen großen schweren Baumklotz zu klieben und in denselben schon eine große "Bisse" (Keil) eingetrieben hatten, kam da ein Wildfängl herbei und sah ihnen bei der Arbeit zu. Da sagten die Holzer, sie gäben ihm das und das, wenn er die Hände in den klaffenden Spalt täte und etwas mithelfe, und nun ließ sich der Wildfängl hiezu bereden und streckte die Hände in die Spalte. Sogleich schlugen die andern den Keil los, und der Klotz klappte zusammen und klemmte des Wildfängls Hände gar jämmerlich ein, daß der zu heulen und zu schreien begann. Allein die Holzer hatten mit dem Gefangenen kein Erbarmen und rächten sich für all die Untaten, die die Fängl schon verübt hatten, damit, daß sie den großen Klotz mitsamt dem Eingeklemmten in das steile, tiefe Tobel hinabspringen ließen. Von da an waren die Wildfängl im Hintersteiner Tale verschwunden und wurde keiner mehr gesehen.


Quelle: Allgäuer Sagen, Aus K. A. Reisers "Sagen, Gebräuche und Sprichwörter des Allgäus" ausgewählt von Hulda Eggart, Kempten und München 1914, Nr. 239, S. 249.


Die Sage ist aus einer Zeit, in der die Erinnerung an Waldwesen zwar noch lebendig ist, sie aber feindseelig behandelt werden. Das Ziel ist nicht mehr eine Zusammenarbeit, sondern die Vertreibung der Wildfängel

Hexe in Hinterstein

In Hinterstein wohnte ehedem eine Hexe, die konnte auf dem Waser daherlaufen, ohne unterzusinken. Wenn die Ostrach recht groß ging und viel Holz und Prügel daher schwammen, so lief sie auf dem Wasser hin und her, als wäre es fester Boden, und sammelte das Holz. Auch Wetter konnte sie machen und brachte nur ihr Strohhütlein hinten hinzuhalten, so hagelte es und schlug alles zusammen.

Reiser

Die Sage enthält die dämonisierte Erinnerung an eine geschickte, weise Frau, die auch Wettermachen konnte.

Rickenalpe

Schlangenbeschwörer Rickenalpe

 

In der Rickenalpe im Hintersteiner Tal gab es ehedem so viele Ottern, dass man dort sich nicht mehr aufhalten konnte und mit der Herde abziehen musst. Da ließ man einen Schlangenbeschwörer aus Tirol kommen und der versprach auch, die Alpe von dem Ungeziefer zu befreien, wenn nur keine weiße Otter dabei sei. Man versicherte ihm nun, man habe eine solch niemals in der Gegend gesehen und so machte sich der Mann an die Beschwörung. Er zündete ein großes Feuer an, namm dann eine Pfeife heraus und fing an, darauf aufzuspielen. Da kamen von allen Seiten die Schlangen zu hunderten und hunderten herbei und alle stürzten sich in das Feuer, wo sie verbrannten. Zuletzt aber erschien eine weiße, bei dessen Ablick das Männlein zu Tode erschrak und mit Pfeifen innehielt. Die weiße Schlange kam in Lüften mit schrillem Pfiff auf ih zugefahren und durchbohrte ihm nun die Brust.

Reiser

Im Christentum wird die Schlange mit Verführung und Dämonen gleichgesetzt. Vermutlich beschreibt die Geschichte auch einen Kulturkonflikt.

Schatz Eggwiesen

Einmal hörten zwei Mädchen von Hinterstein auf den Eggwiesen ein gewaltiges unterirdisches Gerassel und Tosen, als wollte der ganze Berg abrutschen. Dann bemerkten sie, wie kaum zwanzig Schritte vor ihnen etwas aus dem Boden heraus kam, das wie die Sonne so hell glänzte, so lang und dick wei ein Sägbaum war und im Bogen durch die Luft fuhr  und wieder zurück zum Boden. Die wundervolle Erscheinung wiederholte sich immer wieder von neuem, bis endlich alles verschwand. Als hernach die Mächen zu dem  Platz hingingen, fanden sie gar nichts Auffallendes. Zu Hause erzählten sie, was sie gesehen hatten, und da erklärte der alte Urchar, das sei ein Schatz gewesen, der  sich gesonnt habe. Wenn sie etwas Geweihtes oder im Notfalle einige Brosamen schnell darauf geworfen hätten, so wäre der Schatz herausgeblieben, und sie hätten denselben heben können.

Karl Reiser