Ewiger Jude

In ein "einschicht" stehendes Haus bei Burgberg kam vor langem einmal abends ein fremder Mann und bat um Nachtquartier. Da sagten die Bauersleute, sie seien eben ihrer selbst viele und hätte keine andere Lagerstätte als die "Gutsche" in der Stube; wenn er sich damit begnügen möge, so wollten sie ihn gerne "behalten". Das sei schon lang genug für ihn, meinte nun der Mann, und so blieb er. Da fiel es aber alsbald allen auf, daß der Mann, der von der Reise doch müde sein mußte, sich nicht niedersetzen und ausruhen wollte, vielmehr überall "herumstiefelte" und sich bald da, bald dort zu tun machte. Doch wollten sie ihn darüber nicht zur Rede stellen und ließen ihn nach Belieben gewähren. Als sie nun zu Bette gingen, stach sie ordentlich der Wunder, was denn der seltsame Alte weiter treiben werde, und ob er nicht einmal zur Ruhe komme und sich setze oder niederliege, und so guckten sie lange verstohlen durch ein Astloch in die Stube. Da bemerkten sie, wie er alsbald den Tisch mitten in das Zimmer rückte und in einem fort um denselben herumging. Daran erkannten sie, daß der Alte niemand anderer sei als der ewige Jude, und hatten Mitleid mit ihm. Am Morgen ging er beizeiten weiter, und zwar schlug er die Richtung gegen Blaichach zu ein.

Karl Reiser