Wildbanner Seeg

Der alte Meichelbeck zu Seeg war ein ganzer Hexenmeister und verstand als leidenschaftlicher Wildschütze vor allem gut das Wildbannen, das er oft auch ausübte. Einmal traf ihn der alte Geiger beim Jagen in der Lobacher Gemarkung, als er gerade einen Hirschen gebannt hielt. Das Tier stand voller Schweiß da, zitterte am ganzen Leibe und konnte keinen Schritt mehr weiter. Der Geiger, der Mitleid mit dem Wild hatte, fragte, wie denn das Hexenwerk nur möglich sei; er möchte doch einmal sehen, wie das zuginge. Das könne er leicht sehen, sagte der Bannkünstler; er brauche sich nur ein Brett von der Truhe eines begrabenen Kindes zu verschaffen, in dasselbe fünf Löcher zu bohren und durch das fünfte durchzuschauen, dann werde er den wahren Vorgang schon sehen. Der Geiger verschaffte sich ein solches Brett, durchbohrte es, wie ihm angegeben wurde, und ging nun wieder mit auf die Jagd. Sobald da der Hexenmeister ein Wild bannte, blickte er durch das Brett und sah zu seinem Entsetzen, wie das Tier vom leibhaftigen Teufel festgehalten ward.

Karl Reiser