Brauchtum

Füssen
Füssen

Thomasnacht

Der Thomastag galt früher, wie der Andreas- und Sylvestertag als ein Lostag, an dem man Zukünftiges erforschen kann. so ziehen in der Gegend um Füssen beim Bettgehen abends die heiratslustigen Mädchen die Bettlade von der Wand weg, gehen mit einer Hand voll Leinsamen um dieselbe herum, streuen Lein aus und sprechen:

Heiliger Thoma

I säh dir an Soma,

I säh dir an Lein,

Dass mir heutnacht der Meinig erschein!

 

Im Träume wird ihnen nun der künftige Geliebte oder Mann erscheinen.

 

Dass für das Orakel Leinsaat verwendet wird, kommt nicht von ungefähr. Es wird damit ein Bezug zur Göttin Holle hergestellt. Denn Leinen/Flachs wird in den Spinnstuben verarbeitet. Die Herrin der Spinnstuben ist die "Frau Holle". Deswegen beginnt das Märchen von der Frau Holle auch damit, dass eine Spule in den Brunnen fällt.

 

Andere Frauen gehen in der Thomasnacht hinaus zum Stall, öffnen die Tür ein wenig und fragen hinein: "Krieg i dies Jahr einen Mann?" Wenn nun das Pferd wiehert, so kommt ein Freier, sonst aber nicht. (Karl Reiser)

 

Hat hingegen ein Mädchen mehrere Werber und ist sie im Zweifel, welchen von ihnen sie bevorzugen soll, so schreibe sie deren Namen auf einzelne Blätter und lege diese in der Thomasnacht unter das Kopfkissen. von welchem sie dann träumt, der ist ihr bestimmt. (Karl Reiser)

 

In Österreich werden mancherorts die Bäume umarmt oder mit Meel bestreut, damit das kommende Jahr fruchtbar wird

Neujahrs-Christkind

Dieses Christkind führten bisher jeden Neujahrabend hiesige Jünglinge mit obrigkeitlicher Erlaubnis in feierlichem Zuge durch die Stadt.

Voraus waren 20 kostümierte Reiter; dann folgte ein schöner Wagen mit Musik, in dem mehrere weißgekleidete Burschen das Christkindlein nachden Liedern, die sie vor jedem Hause sangen, in die Höhe hoben und bei hellem Laternenschein den Leuten zeigten. Dann empfingen sie dargebotene Geschenke.

Am Neujahrstage selbst hatten sie drei Knaben von 7 bis 9 Jahren, die hl. drei Könige vorstellend und prächtig gekleidet, die jedoch auch schon am Vorabende dem Festzuge eine Zeit lang beigewohnt hatten, bei sich und entrichteten in der Kirche während der hl. Messe ihr Opfer. Eine Mahlzeit mit Musik beschloss die Feierlichkeit.

In Füssen wurde das Christkindle-Tragen vor einigen Jahren in kleiner Form wiederbelebt. Es findet jetzt an Weihnachten statt. In einer kleinen Prozession von Kindern  wird eine Christkindle-Figur von der St. Mang Kirche zur Krippkirche gebracht.

Krippkirche Füssen
Krippkirche Füssen
Spitalkirche Füssen
Spitalkirche Füssen

Mangefuir Russländle

Mangefuir Russländle

Am Ortsende der Schwangauer Straße in Füssen gab es früher auf der Bergseite einen Brunnen mit einer mythologischen Verbindung zum Hl. Magnus. Zum einen gibt es eine mündlich überlieferte Vermutung, dass der ursprüngliche Magnustritt nicht oben am Lusalten, sondern am Ortsende von Füssen in Richtung Schwangau war. Zum andern wurde früher von den Menschen aus dem "Rus(s)ländle" (Bewohner der Schwangauer und Tiroler Straße bis zum Lechfall) dieser Ort besonders gepflegt. Am Magnustag (09. September) wurde auf einem Steinaltar neben dem Brunnen das "Mangefuir" entzündet. Die Buben aus dem Rus(s)ländle schwenkten dann ihre Lichter wie Weihrauchkessel wild hin und her und liefen schnell zur St. Mang Kirche. Dabei riefen sie laut "Mangefuir hui, hui, hui!"

Leider wird dieser Brauch seit mehr als 20 Jahren nicht mehr ausgeübt.

Möglicherweise ist durch den Hinweis auf den "alten Magnustritt" der Platz einer ursprünglichen Furt bei Füssen über den Lech markiert.

Der Namen Rus(s)ländle für den Bereich der Schwangauer Straße und die Tiroler Straße bis zum Lechfall bietet verschiedene Deutungsansätze. Meistens wird die Ansicht vertreten, weil diese Lechseite so schattig sei, sei es dort so kalt wie in Russland. Möglich ist aber auch ein Bezug zu RUS oder ROS. Dieses Wort bezeichnet einen heiligen Bezirk. Erinnert sei an den ROSengarten des Zwergenkönigs Laurien in Südtirol, der durch eine magische Grenze geschützt ist.

(Bildquelle Magnusbild: mit freundlicher Genehmigung der Stadt Füssen aus "Magnus, Drache, Bär und Pilgerstab")